Grundsätzliche Gedanken über die Wahl und Handhabung eines astronomischen Teleskopes



Auswahlkriterien
Bevor man ein bestimmtes Teleskop oder eine Teleskopart ins Auge fassen kann, muss man sich einmal grundsätzliche Gedanken machen, wo man wie beobachten kann. Diese Möglichkeiten und Einschränkungen bestimmen dann, was für Teleskope in Frage und vor allem auch nicht in Frage kommen.

Wo will/kann man beobachten
Sinnvolle Beobachtungen innerhalb von Siedlungen mit ihrer störend hellen Beleuchtung machen oft wenig Sinn. Man kann ganz einfach die vielen dunklen DeepSky Objekte wie ferne Galaxien, Kugelsternhaufen, Überreste von Novae (planetarische Nebel) oder diffuse Reflektions- und Emissionsnebel nicht oder zumindest nicht gut beobachten. Einfach gesagt, man verpasst mitunter die schönsten Dinge, die man da oben sehen kann. Anders sieht es nur mit der Sonne, Mond und den hellen Planeten Mars, Jupiter und Saturn aus. Aber auch da kann die von jedem Haus in kalten Nächten abstrahlende Wärme zu Luftturbulenzen führen, die das Bild unbrauchbar machen.

Meistens ist man also gezwungen, sich an einen dunkleren Ort ausserhalb der Ortschaft, am besten auf eine Anhöhe zurückzuziehen. Also ist man auf ein Fahrzeug angewiesen. Hat man ein Auto, so stellt sich noch die Frage, wie gross der Kofferraum ist, um die Teleskope verstauen zu können. Oder ist man dabei zudem gewillt, den Innenraum des Fahrzeuges ggf. durch umlegen der Rücksitze zu vergrössern, um grosse Sachen verstauen zu können.

Es stellt sich also erst einmal die Frage, wie viel an Ausrüstung man transportieren kann und will. Wie gross und wie schwer ist das gröste Einzelteil. Dabei muss man vor allem auch an folgendes denken: Astronomie findet drausen in der dunklen, feuchtkalten Nacht statt, genau dann also, wenn's am schönsten in der warmen Stube vor dem Fernseher ist. Und man kann nicht einfach mit der Fernbedienung zwischen den Programmen hin und her zappen und am Schluss mit einem einfachen Knopfdruck alles beenden. Nein, die Objekte sind allzuoft schwache, unscheinbare Nebelchen, die erst beim zweiten hingucken gesehen werden. Kalte Füsse und klamme Finger verderben das Wohlbefinden und am Schluss, wenn die Müdigkeit auch noch an einem nagt, muss der Berg von Material wieder abgebaut und verstaut werden - mal abgesehen davon, dass man ja auch noch erst nach Hause fahren muss.

Daraus ergibt sich eine erste Regel:
Je grösser und komplizierter also eine Teleskopausrüstung im Auf- und vor allem Abbau ist, je weniger wird man diese dann auch einsetzen.


Finanzielle Möglichkeiten
Ein ebenfalls wichtiges Kriterium sind natürlich immer die finanziellen Möglichkeiten, bzw. der Betrag, den man überhaupt einsetzen will. Das ist natürlich für jeden eine andere Grösse. Aber für jeden sollte folgendes gleichermassen gelten: Ein Teleskop für 200 Euro, dass man nur ein, zwei mal benützt und dann einfach im Keller verstauben lässt, ist aus dem Fenster geworfenes Geld. Ein Teleskop für 2000 Euro, dass einem lange und viel Freude bereitet, ist eine sinnvolle Investition für sein Leben.
Tatsächlich gibt es vor allem eine untere Grenze, unter derer man kaum viel erfolgreiche astronomische Beobachtung machen kann und so dann schnell Gefahr läuft, die Freude daran zu verlieren, bevor man überhaupt einmal richtig etwas gesehen hat.

Die Zeiten, in denen man auch in tiefen Lagen oft die Milchstrasse von Auge sehen konnte, sind leider nicht mehr. Damit müssen auch grössere Teleskope eingesetzt werden, um erfolgreiche Beobachtungen machen zu können. Doch was sind "erfolgreiche Beobachtungen"? Man kann ja mit Amateurteleskopen keine wissenschaftliche Arbeiten mehr machen, dazu sind diese schon viel zu klein. Es ist das real "visuell Erfühlbare" von für uns sonst nur theoretisch Nachlesbare in gescheiten Büchern. Es ist das Miterleben dürfen vom Wissen über eine fantastische Welt, die manchen Since Fiction Film in den Schatten stellt. Anders als zB. Briefmarkensammeln, wo man irgendwann einmal die teuerste und seltenste Marke sein eigen nehnen kann, wird man in der Astronomie vermutlich nie an ein Ende des Wissens kommen; Astronomie ist die wirklich fantastische, unendliche Geschichte. Praktische Amateurastronomie heisst daran Teilhaben zu können. Amateurbeobachtung ist also in erster Linie etwas Ästetisches.

Wenn ich nun an eine untere Leistungsgrenze von Teleskopen denke, spreche ich damit das Limit an, mit welcher ein Einsteiger auch in der Lage ist, die verschiedenen Objekte zu erkennen. Erst wenn ich ein Kugelsternhaufen in zumindest ein Dutzend einzelner Punkte auflösen kann, erkenne ich diesen als Kugelsternhaufen. Erst wenn ich am Teleskop zwischen den charakteristischen Formen von planetarischen Nebeln und Emissionsnebeln unterscheiden kann, erkennen ich diese, und weiss dann auch, dass es doch keine Galxies ist. Erst wenn ich auch die laufend wechselnden Wolkenstrukturen auf Jupiter laufend verfolgen kann, erkenne ich die wahre Oberfläche von Jupiter. Erst wenn der Saturn klar und plastisch sichtbar ist, erkenne die Natur der Ringe.
Erst dann macht es wirklich Spass, mehr als ein paar mal in der feuchtaklten Nacht gegen die Müdigkeit anzukämpfen.

Ein einfacher Refraktor soll deshalb mindestens 90 mm Öffnung haben, ein einfaches Spiegelteleskop etwa 130 mm, damit der Spass nicht nach ein paar Nächten aufhört. Diese Grössenmasse beziehen sich auf einfache Einsteigerteleskope, mit dem Wissen das teure Edelteleskop mit weniger Öffnung durchaus mehr leisten können und das Teleskope für spezielle Anwendungen selten kleiner sein müssen. Aber wir müssen auch daran denken, dass man normalerweise mit einem Teleskop anfängt und dann damit erst mal auskommen muss.

Es ist also nicht so, dass ein grösseres Teleskop automatisch grössere Freude bereiten würde, aber ein zu kleines Teleskop macht keine Freude.

Welcher Teleskoptyp ist der Richtige
Bevor wir uns jetzt an die Wahl des richtigen Teleskopes machen können, gibt es auch noch technische Fragen betreffend der Art des Teleskopes. Hier muss man sich mal Gedanken darüber machen, was man will. Im Vordergrund steht die Frage nach sich selbst. Da sind folgende Punkte und Ansprüche aufzuführen:
  • Liebhabertyp
    legt man Wert auf besondere Konstruktionsdetails
  • Bastlertyp
    arbeitet man gerne an Sachen, um diese seinen Ansprüchen genügend verbessern zu können
  • Vernunftswahl
    ist eine nüchterne Kosten/Nutzenrechnung Rezept des Lebens
  • Angebertyp
    man darf im Stillen ruhig mal dazu stehen
Jetzt kann man sich Gedanken darüber machen, was die beiden Teleskopgrundformen (Spiegel/Linse) für Vor- und Nachteile haben.

Zuerst etwas zu den Prinzipen: Bei einer Linse schaut man hindurch, die optische Wirkung kommt von der Lichtbrechung (refraktion) der Oberfläche, also spricht man auch von einem Refraktor. Beim Spiegel schaut man auf die Oberfläche, die optische Wirkung kommt von der Spiegelung (reflektion). Entsprechend spricht man von einem Reflektor. Im weiteren gibt es noch Teleskopsysteme, deren optisches Prinzip auf Spiegel und Linsen besteht. man nennt diese katadioptrische Systeme. Deren grundsätzliche Eigenschaften sind aber für unsere Betrachtungen mit denen von Spiegelteleskopen vergleichbar, weshalb wir hier nicht speziell darauf eingehen.

Ein Spiegelteleskop hat den Vorteil, dass man mit geringeren Kosten zu einem grösseren Teleskop kommt, das dann ganz einfach mehr DeepSky zeigt. Bei vielen Objekten ist dies schlicht und einfach ein Muss. Ein Spiegelteleskop hat zwar keinen Farbfehler, trotzdem ist aber ein Linsenteleskop in der Regel Schärfer und Kontrastreicher. Jedes Linsenteleskop hat einen Farbfehler. Das kommt daher zustande, dass jede Farbe eine andere Brenweite hat und diese somit nicht gleichzeitig scharf Fokussiert werden können. Deren vollständige Korrektur ist aufwendig und mit entsprechend hohen kosten verbunden, weshalb meist nur eine teilweise Farbkorrektur möglich ist. Daraus Resultiert in der Regel vor allem ein blauer Hof um jeden hellen Stern. Trotzdem ist der Kontrast beim Linsenteleskop besser und man sieht feinere Details. Teuere Edellinsenobjektive verwenden spezielle Glassorten, damit dieser Fehler möglichst klein wird. So ist es möglich, dass auch bei Linsenteleskopen Bilder möglich werden, wo man keine Farbfeler mehr sehen kann.

Es gibt vor allem drei Punkte, weshalb ein Linsenteleskop ein besseres Bild hat:

  • Reflektionsveralten
    Eine Linse lässt ca. 95 % des Lichtes durch, vom Rest wird das meiste wegreflektiert und nur ein geringer Teil bleibt in der Linse "hängen", macht diese also sichtbar. Ein Spiegel reflektiert in der Regel ca. 90 % des Lichtes. Der Rest verschwindet aber nicht einfach, sondern hellt die graue Beschichtung auf! Stellen Sie sich eine graue, matte Fläche vor. Wenn Sie nun beginnen, diese zu polieren, spiegelt diese immer mehr und besser. Zuerst sind nur schwach helle und dunkle Kontraste sichtbar. Mit zunehmnder Politur werden die spiegelnden Dinge immer deutlicher sichtbar. Die Lichter werden heller und das Dunkle wird "dunkler" Ein guter Teleskopspiegel ist so gut reflektierend, dass gute 90 % zurückkommen, aber eben 10 % bleiben "hängen". Das Dunkle ist also im Spiegelbild nie ganz so dunkel wie in Wirklichkeit.
  • Oberflächengenauigkeit
    Es ist kaum vorstellbar, aber auch eine schlechte Optik hat kaum grössere Abweichungen von der Idealform als 1/10'000 Millimeter! Trotzdem bewirken diese kleinen Fehler fatales: Die Lichtstrahlen kommen im Brennpunkt nicht ganz dorthin, wo sie sollten. Das wirkt sich nicht sofort in einer Unschärfe aus. Zuerst erkennt man mal einen helleren Hof um jeden Stern. Der Kontrast wird also kleiner. Nun ist es aber so, dass Linsen- und Spiegeloptiken nicht gleich davon betroffen sind. Bewirkt ein kleiner "Berg" auf einer Linse eine unerwünschte Ablenkung des Lichtstarhles, so bewirkt der gleiche "Berg" auf einem Spiegel gleichzeitig eine Fasenverschiebung des Lichtes, da die Distanz bis zum Brennpunkt geringfügig anders ist. Obschon eine Linse in der Regel vier Oberflächen hat, muss ein Spiegel viel genauer gefertigt werden, um die gleiche Schärfe erreichen zu können. Die Praxis zeigt, dass dies den Faktor 1 : 4 ausmacht.
  • Oberflächenrauheit
    Bei einer Linse ist man gezwungen, durch diese hindurch zu schauen. Also muss diese so gut poliert werden, bis diese klar erscheint. Das ist erst der Fall, wenn die Oberfläche besonders fein poliert ist. Die glänzende Spiegelschicht auf eines Spiegels glänzt in jedem Fall, egal wie gut die Optik poliert ist. Das verleitet dazu, dass man eine Spiegeloberfläche nicht ganz so gut polieren muss. Man sieht dies dem fertigen Spiegel von Auge nicht mehr an. Aber die Optik im Teleskop streut viel stärker und das Bild wirkt daher flauer.
Man kann in etwa sagen, dass ein Spiegelteleskop in der Regel etwa 175% so gross sein muss (Öffnung), um in etwa gleich viel zu zeigen, wie ein Linsenteleskop. Wenn man jetzt eine Gegenüberstellung macht, stellt man aber fest, dass ein entsprechend grösseres Spiegelteleskop günstiger bleibt. Es muss also noch mehr Punkte geben, weshalb sich ein Refraktor lohnen kann. Ein ganz wichtiges Kriterium ist, dass ein Refraktor bedeutend unverwüstlicher als ein Spiegelteleskop ist und unter fast allen Bedingungen ein gutes Bild liefern kann. Auch wenn man ein Teleskop mal 10 Jahre im Keller liegen lassen sollte. Da Amateurastronomie ja eine ästetische Sache ist, kann also das Linsenteleskop richtig konzipiert und angewendet begeistern.

Weshalb soll man also ein Spiegelteleskop verwenden. Nun, es gibt nicht nur auch Nachteile von Linsenteleskopen, sondern auch Vorteile von Spiegelteleskopen!
Zum einen hat ein Linsenteleskop eine zumeist grosse Bauform - will man eine gewisse Öffnung erreichen, wird ein solche grosses Teleskop schnell unhandlich, wenn nicht gleich untransportabel. Ein Spiegelteleskop kann bei einer bestimmten Öffnung bedeutend kleiner gebaut werden, auch wenn man grundsätzlich mehr Öffnung benötigt. Zudem muss man beim Refraktor mindestens vier Oberflächen fertigen, beim Spiegel aber nur eine grosse und eine kleine. Dies wirkt sich bei grossen Optiken schnell im Preis aus. Will man also eine bestimmte Lichtsammelleistung im Hinblick auf lichtschwache DeepSky Objekte haben, wird ein Linsenteleskop schnell sehr teuer und lässt sich kaum mehr an einen dunklen Ort aufstellen.

Zum Preis des Teleskopes kommt noch die erforderliche Montierung hinzu. Von Hand kann man ein Teleskop kaum halten und die Sterne betrachten. Je grösser also ein Teleskop ist, je grösser und damit auch schwerer muss die Montierung sein. Auch ein Spiegelteleskop hat also seinen Platz und ist in für die Beobachtungspraxis nicht wegzudenken.

Der Kreis schliesst sich also wieder: Gewicht, Baugrösse und Leistung bestimmen, wie viel Freude man an seinem Teleskop letztlich haben kann.


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