Montierungen

Es gibt verschiedene Antriebsmöglichkeiten für astronomische Montierungen. Dabei geht es hier nicht um die Art der Elektronik sondern um die mechanische Seite eines Antriebs.

Es gibt auf der einen Seite verschiedene mechanische Antriebe die eingesetzt werden: den klassischen Schneckentrieb, den Reibradantrieb und den aus dem Werkzeugmaschinenbau bekannten Harmonic-Drive Antrieb. Welcher der bessere ist muss individuell betrachtet werden. Allerdings muss man auch beachten dass alle diese Antriebe in unterschiedlichen Qualitäten gebaut werden können. Das wirkt sich dann beim beim Schneckentrieb direkter auf die Genauigkeit des Trackings aus, beim Harmonicdrive eher in der Langlebigkeit, Laufruhe und Schwingungsanfälligkeit.

Der Vorteil des Harmonic-Drive Antriebs liegt ganz klar darin dass ein solcher keinen grossen Unterschied im Getriebe-Widerstand selbst erzeugt, egal ob eine kleine oder grosse Unwucht besteht. Ein Schneckentrieb erzeugt bei einer Unwucht einen deutlich höherern Widerstand im Getriebe weshalb fast zwingend ein Gegengewicht verwendet werden muss. Bezüglich des Lauffehlers ist es aber so, dass ein Harmonic-Drive Antrieb zwar eine oft geringere Periodengrösse hat wie ein Schneckengetriebe, dieser aber ungleichmässiger ist und in sehr kurzer Zeit auftritt. Man kann zwar teilweise ohne Gegengewicht arbeiten, aber ein solches ist aus verschiedenen Gründen doch sehr empfohlen. Vor allem wird ohne Gegengewicht das Tracking zum Teil deutlich schlechter.

Wie ein Harmonicdrive-Antrieb funktioniert ist in Wikipedia schön beschrieben. Da immer mehrere Zähne gleichzeitig eingreifen ensteht kein typischer Periodenfehler wie bei einem Schneckentrieb. Allerdings werden schnell auftretende Fehler beobachtet die immer wieder in der Grösse von 2 - 4 Bogensekunden pro Zeitsekunde sichtbar werden.


Bildquelle = Pegasus Astro

Grafik von typischen Guiderkorrekturen mit einer Harmonic-Drive Montierung bis zu 5 Bogensekunden Fehler in 2 Zeitsekunden sind schon viel und man wird da nur mit Mühe unter vielleicht 3" Auflösung kommen. Zwar wird in der Werbung gerne mit fantastischen Werten geworben, aber das sind die originalen Angaben von Pegasus; die sind bemerkenswert ehrlich. Man muss aber auch betohnen dass es einen Unterschied macht, wo man diese Kurve misst. Es gibt immer gewisse Stellen im Antrieb die recht gut laufen und nur einen kleinen Fehler aufweisen und andere, die einen grossen Fehler aufweisen. Siehe auch die nachfolgende Grafik.

Ein anderer Effekt den man bei Harmonic-Drive Antrieben immer mal wieder feststellen kann ist der Umstand dass durch die mechanische Verformung des inneren Zahnkranzes durch die Reibung von Metall auf Metall bei langsamen Bewegungen ein gewisses Ruckeln auftreten kann. Das wirkt sich dann direkt in einem zusätzlich unruhigen Lauf aus, besonders wenn die Belastung durch eine Unwucht höher ist. Dieser Reibwiderstand entsteht, betrachtet man die Darstellung auf Wikipedia zwischen dem grünen Extender und dem dadurch verformten roten Zahnkranz. Er ist stärker wenn der Zahnkranz weniger gut poliert ist und die Härtung dieses unzureichend ist. Dies ist leider bei günstigen chinesischen Koppien eher der Fall.

Bei einer Werkzeugmaschine wo solche Antriebsgetriebe meist verbaut werden, sind diese Fehler weniger entscheidend da sich diese in einem Bereich abspielen die weniger Relevant sind. Zudem sind die Bewegungabläufe dort immer schneller. Deshalb überwiegen die Vorteile klar.


Bildquelle"ZWO Optical

Der Gesamtfehler dieser Messung sieht zwar gut aus aber leider ist die Periode sehr unregelmässig und kann viele kleine Steilflanken aufweisen. Zudem treten durch die hohe Untersetzung eines solchen Getriebes diese Fehler in schneller Abfolge auf.

Im Gegensatz dazu hat ein typischer Schneckenrad-Antrieb in der Regel einen grösseren Periodenfehler der aber gleichmässiger um eine gesamte Umdrehung besteht und zudem in der Praxis weniger Perioden aufweist. Das hat den Vorteil dass die Flanken der Fehlerkurven weniger steil sind und sich deshalb leichter korrigieren lassen. Der Nachteil ist das nur wenige Zähne gleichzeitig im Antrieb involviert sind. Wenn nun ein Schlag auf das Getriebe kommt (so wie er in der Praxis halt hin und weider vorkommt) kann eine dauernde Verbiegung einzelner Zähne auftreten. Das sind zwar kleineste Verformungen, aber eine bleibende Verformung von 1/1000 mm entspricht bei 150 mm Schneckenraddurchmesser doch 3 Bogensekunden. Man muss also einen Schneckentrieb mehr Sorgfallt entgegen bringen will man langfristig gut fotografieren können. Auch spielt hier das Material eine grosse Rolle: einerseits sind die unterschiedlichen Wärmeausdehnungswerte zu beachten und andererseits die Härte des Materials. Es versteht sich von selbst dass Schneckenräder aus Aluminium zwar günstig in der Herstellung sind, aber eine geringere Lebensdauer haben.

Ein Schneckenrad-Antrieb kann deshalb zu einem günstigeren Preis eine genauere Nachführung ermöglichen, kann aber auch sehr günstig mit schlechteren Eigenschaften in Kleinmontierungen die nicht zum Fotografieren gedacht sind verbaut werden.

Ein Reibradantrieb hat gegenüber einem Schneckentrieb den Vorteil dass der Periodenfehler sehr gering bleibt und zudem auf deutlich weniger Perioden verteilt ist. Dadurch ist die Flankensteigung pro Zeitminute sehr kein, ca. 2 Bogensekunden oder auch weniger sind typisch je nach grösse des Antriebes. Das lässt sich nun schon sehr gut korrigieren und die Belichtungszeit des Autoguiders kann länger sein. Der Nachteil ist, dass ein solcher Antrieb ein geringes Haltemoment aufweist, also nur relativ kleine Ungleichgewichte halten kann. Deshalb lohnen sich solche Antriebe nur bei grossen, schweren Montierungen die dann aber sehr genau tracken. Auch ein Problem ist, dass die Antriebswelle durchrutschen kann und somit platte Stellen bildet die dann zu deutlicheren Nachführfehlern führen. Zwar ist hier in der Regel eine Rutschkupplung vorhanden die das verhindert, aber mit der Zeit verändert sich diese mechanische Einstellung und kann deshalb auch mal versagen ohne dass man es direkt merkt. Es braucht also auch hier ein gewisses Mass an Wartung, andererseits ist ein solcher Antrieb vor allem für grosse Montierungen günstig.

Beim Direktantireb existiert im Gegensatz zu den anderen Antreibsarten gar keine Antriebsmechanik. Das bedeutet dass das Motor direkt die gesamte Last der Achsen halten muss. Die Position wird durch einen sehr hoch auflösenden Encoder gemessen und durch eine schnelle Elektronik wird der Motor in Position gehalten. Das Drehmoment wird durch den maximal verfügbaren Strom begrenzt und ist im Amateuerbereich begrenzt. Dies einerseits weil man nicht zu viel Stromverbrauch generieren will und andererseits weil eine Erwärmung der Motoren vermieden werden soll. Daraus ergibt sich der Nachteil dass das Haltemoment wie beim Reibradantrieb begrenzt ist auch wenn gleichzeitig grosse Massen bewegt und ruhig gehalten werden könn(t)en. Es braucht also ein Gegengewicht.

Andererseits ergibt sich jedoch der Vorteil dass mechanische Schläge keinen Einfluss auf die Genauigkeit haben - diese bleibt im Gegensatz zu allen mechanischen Antrieben unverändert und ist auf die gesamte Lebensdauer nur von der realen Genauigkeit der Encoder mit einer Auflösung im Bereich einer 1/100 Bogensekunde und der Geschwindigkeit der Steuerelektronik abhängig.


So sieht eine rund 15 minütige, gute Kurve aus mit langen Guiderzeiten (5 Sekunden) aus wenn alles "perfekt" ist (DE und RA getrennt)
(ink. zwei Dittering-Verstellungen / innerhalb der roten Linien wurden keine Guiderbefehle gemacht).

Der grösste Nachteil ist, dass die Motoren Stromlos nur ein geringes Haltemoment haben. Dies kann man durch eine geeignete magnetische Fallbremse verhindern, diese benötigt aber 5 - 20 W pro Achse wenn die Montierung in Betrieb ist und erwärmt sich ebenfalls. Das verursacht dann auf der anderen Seite Luftunruhe die wiederum unerwünscht ist.


Es haben also alle Antriebe gewisse Vorteile und auch Nachteile. Diese sind wie folgt:

Antriebsart Vorteile Nachteile
Schneckenrad-Antrieb oft Kostengünstiger
bei genauer Bauweise einigermassen genau
sehr gutes Haltemoment
bei genauer Fertigung gute Laufruhe
relativ gleichmässiger Periodenfehler
Trackinggenauigkeit auf Dauer empfindlich auf Schläge
mässige Reproduzierbarkeit
geringes Zahnspiel
Umkehrspiel beim Antrieb
Reibrad-Antrieb relativ Kostengünstig
sehr geringer Periodenfehler
sehr gute Laufruhe
Umkehrspiel beim Antrieb
geringes Haltemoment, deshalb nur bei schweren Montierungen geeigent
mässige Reproduzierbarkeit (Schlupf im Antrieb)
Harmonic Drive Antrieb gute Reproduzierbarkeit
bei gehärtetem Extender lange Lebensdauer
relativ unempfindlich auf Schläge
geringer Widerstand, funktioniert teilweise ohne Gegengewicht
leicht
vergleichbarer Fehler unabhängig von der Baugrösse
Umkehrspiel beim Antrieb
mittleres Haltemoment
schlechte Laufruhe
ungleichmässiger Periodenfehler
Fehler abhängig von der Untersetzung, nicht Baugrösse
Direktantrieb extrem hohe Reproduzierbarkeit
extrem hohe Genauigkeit des Trackings
absolut kein Umkehrspiel im Antrieb
lange Lebensdauer
völlig unempfindlich auf Schläge
extrem hohe Laufruhe
bei guter Tarierung sehr geringer Stromverbrauch
geringes Haltemoment (muss relativ gut austariert sein)
hoher Preis

Einige Begriffe:

Schlagempfindlichkeit:
Das bedeutet dass Schläge auf die Achsen, bzw. den Antrieb (zB. beim Transport oder unsachgemäsen Umgang in der Sternwarte) diesen nachhaltig schädigen, dh. die Laufruhe wird dadurch mit der Zeit schlechter

Reproduzierbarkeit:
Bezeichnet den Fehler wenn man mehrfach zwischen zB. zwei Positionen hin und her fahren oder auf die Montierungen eine temporäre mechanische Belastung gegeben wird und diese danach nicht mehr genau an den Ursprungsort zurück geht. Dies ist besonders zu beachten wenn man einen bestimmten Stern zum fokussieren anfährt und danach wieder zum Fotomotiv zurück schwenkt.
Jede Montierung kann zudem durch Druck auf das Teleskop von der Position weggedrückt werden. Es wird damit bestimmt wie gut die Montierung danach wieder an die ursprüngliche Position zurück geht.

Umkehrspiel:
Spiel und Hysterese zwischen der Motorachse und der Montierungsachse. Das Umkehrspiel wird durch die Anzahl Untersetzungsstufen, Temperatureinwirkung und Materialverformung sowie Lagerspiel der verschiedenen Zahnräder, Zahnriemendehnung und federgelagerten Elemente bestimmt und ist bei jeder mechanischen Montierung vorhanden. Es tritt einerseits auf wenn man die Drehgeschwindigkeit oder auch die Drehrichtung des Motors verändert. Das immer vorhandene Restspiel ist zudem unregelmässig weshalb es nicht einfach durch einen bestimmten Vorschub des Motors aufgehoben werden kann (Wikipedia: Hysterese). Grundsätzlich kann ein mechanischer Antrieb nie ohne Spiel funktionieren. Ohne dieses würde sich einfach gesagt gar nichts bewegen lassen. Es braucht also in jedem Fall etwas "bewegliches".

Laufruhe:
Dies bezeichnet den Fehler der innert Sekunden auftreten kann. Ein Antrieb kann zwar insgesamt sehr genau sein, aber im Kleinsträumigen starke Schwankungen haben die jeweils nur ein paar Sekunden in die eine oder andere Richtung ausschlagen. Je schlechter die Laufruhe ist, je kürzer muss man die Belichtungszeit des Guiders einstellen. Dies bedingt dann andererseits, dass die Luftunruhe kein genaues Guiding mehr erlaubt da man bei kurzen Guiderbelichtungszeiten letztlich einfach dem auch Seeingbedingt tanzenden Stern hinterher guidet. Das bringt zwar gute Guidingwerte in der Anzeige, real ist der Fehler aber je anch dem beträchtlich. Bei einer hohen Laufruhe kann zwar der Gesamtfehler recht gross sein, aber die Abweichung auf ein paar Sekunden oder gar Minuten bleibt doch gering. Diese Fehler können immer sehr gut korrigiert werden.

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Letzte Änderung: 25. September 2023 Webmaster