Warum ein Direktantrieb für ein astronomisches Teleskop
Welche Vorteile bringt mir dieses System gegenüber konventionellen Antriebssystemen und kann man damit mehr ausser Fotografieren?
Die Atlas V24 mit einem C14 und einem 10 cm Refraktor bestückt der Sternwarte Basel
Warum einen Direktantrieb?
Ein Antrieb mit einem mechanischen Getriebe hat immer einen ungleichmässigen, von der theoretischen Periode abweichenden
Lauffehler. Man muss sich einfach vor Augen halten dass eine Bogensekunde bei einem Zahnrad von 200 mm Nenndurchmesser einen
Zahnflankenfehler von 0,0005 mm entspricht. Kein Zahnradzahn hat eine so genaue Zahnflankenoberfläche;
0,005mm ist da realistischer was dann einem Fehler von 10 Bogensekunden entspricht. Hinzu kommt dass jedes Zahnrad
nur dann laufen kann wenn es ein wenn auch winzig kleines Spiel hat. Da nun mehr oder weniger Zahnräder zwischen
Montierungswelle und Motorachse sind, vielleicht noch Zahnriemen ist schnell erklährt das ein solcher Antrieb immer einen
nicht korrigierbaren Restfehler hat. Wenn Sie mit einem Guider korrigieren erfolgt diese Korrektur immer in der Vergangenheit
und hinkt somit dem wahren Fehler immer hinterher. Deshalb sind auch Korrekturen in der DE Achse nie genau möglich, da helfen auch
hochgenaue Encoder nichts, die Hysterese ist nicht korrigierbar. Auch nicht mit einem aufwendigen Getriebe wie zB. einem Harmonic
Drive oder Twinspin Getriebes.
Auch ein sehr teurer mechanischer Antrieb hat deshalb eine relative Reproduzierbarkeit von bestenfalls einer Bogenminute. Eine
Position wird bei mehrfachem Anfahren durch die Hysterese um diesen Fehler in beiden Richtungen irreparabel verfehlt. Auch wenn der
Prospekt andere andere Werte versucht zu vermitteln.
Ein Direktantrieb hat kein Getriebe - er kann diese Fehler also gar nicht haben. Man könnte nun argumentieren, dieser
erlaubt „eine Nachführung im Sub-Bogensekundenbereich ohne Fehler“. Aber stimmt das so? Auch nicht, denn einerseits
ist der Antrieb nur so genau wie es die Encoder selber zulassen (diese haben auch einen Fehler) und die Steuerelektronik das regeln
kann. Andererseits kommen noch andere mechanischen Fehlern hinzu. Die wichtigsten sind die Winkeltreue des Achsystems wie auch der
Optik sowie die Durchbiegung des ganzen Systemes. Weiter kommt hinzu, dass die Encoder nicht nur selber einen Fehler haben sondern
verschiedenste Einbaufehler sich ebenfalls entsprechend auswirken. Dabei unterschätzt man die Wirkung von einem Verzug von
1/100 mm: das sind dann schnell mal 15 Bogensekunden oder mehr am Himmel.
Die Grafik zeigt den gemessenen realen Fehler eines Encoders - die Abweichung beträgt gut +/- 5 Bogensekunden, bzw. im
schlechtesten Fall schon mal 1" in 5 Zeitminuten.
Also versucht man die Summe der vielen kleinen Fehler zB. mit einem komplizierten Pointing Modell mit vielen Messpunkten möglichst
genau zu modelieren – verändert man allerdings ein Detail am System, stimmt das Modell schon wieder nicht mehr. Nun, man
kann natürlich das ganze mechanische System so starr machen, dass sich Verbiegung praktisch nicht mehr auswirkt. Leider
können das aber die wenigsten realisieren weil einerseits die Platzverhältnisse nicht reichen für die Wunschgrösse
der Optik und/oder die ganze Sache schlicht zu schwer würde. Würde, so könnte man in der Praxis bei einem so schweren
System mit einem gut dimensionierten Reibradantrieb eine anfangs fast ebenso gute Nachführung realisieren. Nur eben - wer hat
schon die Möglichkeit ein vielleicht tonnenschweres Teleskopssystem schnell in seine Gartensternwarte zu stellen. Nun, es
geht auch anders, viel einfacher: mit nur vier Messpunkten (Sterne oder "plate solve") kann die SkyWaker Steuerung ganz unkompliziert
eine Vielzahl an Fehlern automatisch erfassen und laufend dynamisch korrigieren. Einfach, schnell und ohne PC.
Bogensekundengenaue Nachführung
Die Praxis lehrt uns, dass eine langsame, gleichmässige Abweichung für ein Guidersystem kein Problem darstellt. Vielmehr
sind es die vielen kleinen Ausreisser bei der Nachführung im Sekundenbereich, wo zwar nur wenige Bogensekunden Fehler auftreten,
aber eben innerhalb einer Zeitsekunde die gewaltige Probleme schaffen.
Grosse Probleme haben mechanische Antriebe weiter immer dann, wenn der Antrieb einen Scheitelpunkt der Balance durchläuft, das
Teleskop also quasi von der einen Zahnflanke auf die andere fällt. Das gleiche passiert bei Richtungswechseln in der
Deklinationsachse. Ein Bild in dem Bereich ist dadurch auch mit dem besten Guidingsystem futsch. Nicht so bei einem Direktantrieb -
er kennt solche Probleme gar nicht.
Hier kommt die Stärke des Direktantriebes voll zum Zug: dieses erreicht eine wirklich unerreicht hohe Laufruhe und folgt
subbogensekundengenau dem Encoder - mit Abweichungen von in der Regel von einem Bogensekunkundenbruchteil je Zeitminute. Alle anderen
Restfehler (Refraktion, Durchbiegung usw.) die ja langsam Auftreten, können mit einem Autoguider problemlos kompensiert werden,
idealerweise wenn die Integrationszeit 10 Sekunden oder auch länger beträgt. So wird auch nicht der Luftunruhe hinterher
korrigiert.
Belastungstolerant und praktisch Abnutzungsfrei
Ein weiterer für uns fast noch wichtigerer Vorteil eines Direktantriebes besteht zudem darin, dass ja erst mal keine Mechanik da
ist: also KEIN Spiel des Antriebes (jedes Zahnradgetriebe, das sich muss bewegen können, braucht ein wenn auch noch so kleines
Zahnflankenspiel) und keine "bleibenden Eindrücke" bei Schlägen gegen das Teleskop! Das heisst nicht nur, eine absolut
spielfreie Bewegung bei Richtungswechsel auch bei einer Korrektur von nur einer 1/10 Bodensekunde. Die Antriebsgenauigkeit "altert"
nicht und wird nicht allmählich schlechter.
Hier kommt natürlich die Fähigkeit der Steuerelektronik zum Zug, die innert Sekundenbruchteilen die Lage des Teleskopes
erfassen und entsprechend regeln muss. So ist es möglich, mit einer relativ leichten, kompakten Montierung auch grosse, deutlich
schwerere Teleskope ruhig und genau zu steuern. Dies erlaubt den Betrieb in relativ engen Sternwarten perfekt. Kein Spiel bei
mechanischen Belastungen am Teleskop / Auszug - das System regelt auf das Zielobjekt aus.
Visuelles Arbeiten am Teleskop
Das vielleicht wichtigste Argument ist, dass diese Steuerung das visuelle Beobachten am Teleskop mit all seinen Umständen
optimal unterstützt: egal ob man rüttelt beim Fokussieren oder die Achsen gleich richtig wegdrückt - der Antrieb regelt immer
sauber mit und hält das Teleskop schwingungsarm ruhig am Ort. Oder gibt mal nach wenn man zu stark wegdrückt - in jedem Fall
zentriert das Telekop wirklich bogensekundengenau zur Zielkoordinate zurück. Weder kann man so etwas beschädigen,
noch die Elektronik aus der Ruhe bringen noch wird zu viel Strom verbrannt - noch wird man je so etwas wie Spiel spühren. Ein
Okularwechsel, mag er noch so ruppig sein, wird nie mehr zum Verlust der Blickrichtung führen.
Die Steuerelektronik macht den Unterschied
Deshalb haben wir das Augenmerk bei der Entwicklung der SkyWalker Steuerung darauf gelegt, dass diese die Vorteile eines solchen
Systemes voll ausschöpft und den Beobachtungsspass in einer neuen Dimension erlaubt: Die einmalige modellbasierende Regelung
der Motoren erfolgt ink. der permanenten Pointingkorrektur mit einer Taktrate von einigen 100 mal je Sekunde - ein ganz neues
Gefühl, wenn Sie am Teleskop rütteln. Der elektronischen Lagekorrektur ist es also recht egal wie die Belastung der
Montierung ist, ob ein grosses oder kleines Teleskop gerade zum Einsatz kommt und dieses ausbalanciert ist. Die Steuerung regelt das
sauber ohne Aufschwingen aus. Also keine Beschädigungsgefahr für Mechanik und Tubus, das eingestellte
Objekt bleibt einfach genau dort wo es positioniert war - Pixel für Pixel, ohne das berüchtigte Aufschwingen der
Motoren bein variabler Bestückung des Teleskops.
Besucher einer Sternwarte können sich endlich „an das Okular hängen“, ohne das irgend eine Gefahr
für die Mechanik besteht oder das Objekt verloren geht. Das Resultat: die Nachführgenauigkeit leitet nicht durch
mechanische Abnutzung und bleibt auf Lebenszeit real konstant hoch. Ein weiteres Augenmerk war, dass wir einen Motor
entwickelten, der extra für diese Aufgaben optimiert ist: nicht Schnelldrehend, sondern mit möglichst kleinem
Strombedarf auf scheinbaren "Stillstand" und langsame Bewegungen optimiert. So können wir mit einer Spannung von nur
24V und 12A ein Teleskop von bis zu 80kg regeln zumal zum normalen Nachführen weniger als 0,5A nötig ist. Notfalls
kann auch mal mit 12V gearbeitet werden. Ein Batteriebetrieb in einer Sternwarte ist also keine Utopie und auch bei
Dauerbelastung (zB. <1 kg Unlast bei 1 Meter Hebel) bleibt die Montierung immer „kalt“.
knapp 1 kg schwer: eine 24V 12A Batterie reicht für eine ganze Nacht
Unser Direktantrieb bietet also nicht nur dem Astrofotografen Vorteile, auch visuelle Beobachter werden sofort die Vorteile
spühren und nicht mehr missen wollen. Er lässt eine Montierung zu, die im Verhältnis zur Tragkraft geadezu leicht
ist und sich kompakt macht in der immer zu engen Sternwarte. Der SkyWalker Antrieb - eine neue Dimension in der Beobachtung der
Sterne.
Der Direktantrieb: ein Antrieb für die Zukunft der Astronomie.